Ansparungspflicht oder Geldvernichtung im Wohnungseigentum?

Wohnungseigentümer werden in Zukunft gezwungen werden, eine Rücklage von mindestens 0,9 € je Quadratmeter Nutzfläche des Hauses anzusparen. Was ist der Sinn?

Ab 2022 werden Wohnungseigentümer eine Rücklage in Mindesthöhe ansparen müssen, die beträchtlich ausfallen wird. Kann man von einer Ansparungspflicht sprechen?

Nach dem neu formulierten § 31 Abs. 1 WEG 2002 ist dazu die Wohnnutzfläche des gesamten Hauses mal 0,90 EUR zu multiplizieren. Dieser Betrag ist also wertgesichert, das ist der Kategorie D-Wert nach dem Mietrechtsgesetz.

Der so ermittelte Betrag ist dann nach dem Aufteilungsschlüssel aufzuteilen, der für die Wohnanlage von Gesetzes wegen gilt. Das ist idR nach den Nutzwerten der einzelnen Wohnungen und Lokale. Es kann auch ein anderer Aufteilungsschlüssel sein, den die Wohnungseigentümer vereinbarten.

Rechenbeispiel für Umsetzung der Ansparungspflicht:

  • Wohnnutzfläche des Hauses 2000 m2, mal 0,9 = monatliche Pflicht-Einhebung durch den Verwalter Euro 1800
  • Nutzwert des Hauses 2100
  • Euro-Betrag je Nutzwert daher 1800/2100, Gerundet also 0,8571
  • Eine Wohnung mit zB Nutzwert 60 (siehe Grundbuchsauszug) wird zusätzlich mit 60 x 0,8571 = 51,43 EUR belastet

Der Gesetzgeber lässt einen niedrigeren Rücklagenbeitrag ausnahmsweise zu, wenn der für das gesamte Haus errechnete Betrag in dieser Höhe zur Bildung einer angemessenen Rücklage nicht erforderlich ist.

Das ist dann der Fall, wenn die Rücklage bereits ein „besonderes“ Ausmaß aufweist , oder wenn erst kurz zurückliegend eine „durchgreifende“ Sanierung des Gebäudes stattfand. Ob diese beiden Fälle der Gesetzgeber taxativ (ausschließlich) oder nur beispielsweise anführt, geht aus dem Gesetzestext nicht hervor.

Schon bisher waren die Eigentümer zur Bildung einer angemessenen Rücklage verpflichtet. In der Praxis zeigte sich aber immer wieder, dass verschiedensten Gründen zu wenig eingehoben wurde.

Den Stellungnahmen, die von Interessierten im Parlament eingebracht wurden, kann man interessante Fragen und Einwände entnehmen. Es wird sich zeigen, wie man in der Praxis damit umgehen wird.

Angesparte Gelder auf dem Konto der Eigentümergemeinschaft werden derzeit voraussichtlich gegen „0,…“ % verzinst. Womöglich muss man sogar ein „Verwahrungsentgelt“ an die Hausbank bezahlen („Negativzinsen“).

Nach welchen Richtlinien die Hausverwaltung Gelder der Wohnungseigentümergemeinschaft anlegt, sollten kritische Wohnungseigentümer durchaus hinterfragen. Fälle wie bei einem vom Rechnungshof geprüften Unternehmen, das Gelder zweier Wohnungseigentümergemeinschaften vermutlich in falsch verstandener Gewinnsoptimierungsabsicht bei einer später insolventen Bank anlegte, könnten vielleicht dadurch vermieden werden.

Der Verwalter ist nicht berechtigt , diese Gelder etwa in einer „Handkasse“ zu verwahren, um Verwaltungsentgelt zu ersparen, sondern muss die Gelder auf einem Konto anlegen.

Angesichts der hohen Inflation ist daher zu überlegen, lieber rasch Reparaturen im Haus vorzunehmen und anstatt eines Beitrags in die Rücklage für die dann auch noch „Negativzinsen“ zu zahlen sind, doch lieber Annuitäten an die selbe Bank zu zahlen, die die Wohnhaus-Sanierung finanziert.

Bedenken sollte man, dass der Verwalter zu Einhebung der Rücklage gesetzlich verpflichtet ist und er deshalb einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümer nicht befolgen darf, weniger einzuheben.

Eine nachträgliche Rückzahlung aus der Rücklage ist nur schwierig durchsetzbar.

Es bleibt abzuwarten, ob im parlamentarischen Gesetzwerdungsprozess noch Änderungen erfolgen.

In der Praxis mehr Anlass zu Diskussionen wird allerdings die Aufweichung des Mehrheitsprinzips bei Abstimmungen der Wohnungseigentümer bringen. Dazu in Bälde mehr in diesem Blog.

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Mag. Ronald Geppl
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